Jesus und die Wilden Kerle [Post 34]

Was, wenn die Kinder nicht so geraten wie wir, die Eltern,   uns das gewünscht hätten? Was, wenn ihre Vorstellung von der Gestaltung des Leben sich von unserer stark unterscheiden? Wie gehen wir, die Eltern, dann damit um?

Im Markus-Evangelium steht eine kurze Beschreibung von dem Lebensstil, den Johannes der Täufer pflegte.

Mk 1,6 Johannes war sehr einfach gekleidet: Er trug einen groben, aus Kamelhaar gewebten Mantel, der von einem Lederriemen zusammengehalten wurde. Seine Nahrung bestand aus Heuschrecken und (wildem) Honig, den er draußen fand.

Von einem Freund, der vor langer Zeit in Afrika lebte weiss ich, dass Schwarz-Afrikaner geröstete Heuschrecken essen wir wir Pomm-Chips. Sie sollen sehr nahrhaft und auch schmackhaft sein .... wenn man erst seinen ersten Ekel überwunden hat. Ich hatte nie Gelegenheit es zu testen und hätte auch einige Skrupel es zu tun. Auch für Markus, den Autor des biblischen Buches, war dies ein seltsames Verhalten und darum Bemerkenswert. In seinen Augen war Johannes war kein Feinschmecker. Auch seine Kleidung war bizarr und nicht der letzte Modetrend. Alles an Johannes war seltsam. Seine Kleidung, sein Essen, sein Auftreten und seine Botschaft. 

Aber darum geht es mir gar nicht. Mein Anliegen ist die Mutter, Elisabeth. Da hat sie nun unter Qualen und Schmerzen ein Kind bekommen, zieht es mit viel Einsatz gross, und wenn der Sohn dann endlich auf den eigenen Beinen stehen (selbständig leben) kann, geht er in die Wüste und hält grosse Reden. Was aber noch schlimmer ist, er greift mit den Reden das ganze Staatssystem an und will die Welt verändern. Wir wissen wie die Geschichte ausgeht: zumindest in unseren und auch in Elisabeths Sichtweise nicht gut. Wie oft wird sie sich nach der Hinrichtung bei Herodes wohl gefragt haben: "Hätte mein Sohn nicht ein ganz normaler und anständiger 
Bürger werden können? Der morgens seine Tasche packt und Tag für Tag zur Arbeit geht? Aber nein, er muss ja unbedingt die Welt verändern und sich mit dem Staatssystem anlegen. Das konnte doch nicht gutgehen." 

Als er in der Wüste zu predigen begann, haben sie daheim wahrscheinlich alle gedacht: Nun hat er den Verstand verloren. Und so kam es ja dann auch. Er verlor den Verstand mitsamt der dazugehörigen Hülle als Herodes ihn köpfen lies. 

Mir geht es jetzt weniger um Johannes als mehr um seine Mutter, Elisabeth. Wie fühlt es sich für eine Mutter an, wenn die Entwicklung unseres Kindes nicht so verläuft, wie wir uns das gewünscht haben. Wenn der Sohn so ausserhalb der Norm ist (was auch immer die Norm sein mag). Könnt ihr euch in die Lage von Elisabeth versetzten ? Wie sie wohl gelitten hat, als er in die Wüste ging um Prophet zu sein ? Sein Vater war doch Priester gewesen, angesehen Volk und bei den Machthabern. Und nun der Sohn, so ein wilder Aufrührer. In den Augen unserer zivilisierten Welt ist Johannes doch dumm gewesen. Einmal ganz ehrlich: Einflussreiche Menschen so zu provozieren und vor den Kopf zu stossen - das macht man doch nicht. Wenn man eine so wichtige Botschaft an den Mann (und auch die Frau) bringen möchte ist man doch geschickter und provoziert nicht so. Das konnte doch nicht gut gehen. Jesus jedoch sah das ganz anders .....

Mt 11,7 Als die Jünger des Johannes gegangen waren, wandte sich Jesus an die Menschenmenge, die ihn umgab, und fragte: «Was habt ihr von Johannes erwartet, als ihr zu ihm in die Wüste hinausgezogen seid? Wolltet ihr ein Schilfrohr sehen, das von jedem Windhauch hin- und herbewegt wird?

Viele Menschen sind genau so: Wie ein Schilfrohr im Wind, einmal schwankend zu der einen, dann wieder zur anderen Seite. Sie haben die Festigkeit und innere Stabilität einer Fahne im Wind. Auch in geistlichen Dingen können wir dies beobachten. Wenn Gott ihnen etwas gesagt oder wichtig gemacht hat, und dann die ersten Widerstände und Anfeindungen kommen, werde Sie unsicher und hinterfragen alles gleich wieder. Johannes war nicht so. Er hatte Festigkeit und Stabilität seine Sache durchzuziehen. Seinen Auftrag (Berufung) von Gott zu leben und den Weg ohne Rücksicht auf das eigene Leben bis zum Ende zu gehen. Dafür erhielt er von Jesus die grösste Ehrung, die möglich war:

Mt 11,11a Wahrlich, ich sage euch: Unter denen, die von Frauen geboren sind, ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer; 

Als der Auftrag dann erfüllt war und er seinen Job gemacht hatte, holte der himmlische Vater Johannes zu seinem wohlverdienten Vorruhestand zu sich.

Ähnlich wie Elisabeth ist es auch Maria, der Mutter Jesu gegangen.

Mk 3,20-22 Als Jesus nach Hause kam, liefen gleich wieder so viele Menschen zu ihm, daß er und seine Jünger nicht einmal Zeit zum Essen hatten. 21 Als seine Angehörigen das erfuhren, wollten sie ihn unbedingt mit nach Hause nehmen. «Er hat den Verstand verloren!» sagten sie. 22 Einige der Schriftgelehrten aus Jerusalem behaupteten sogar: «Er hat sich dem Teufel verschrieben. Nur weil er vom Obersten aller Dämonen die Macht bekommen hat, kann er Dämonen austreiben.»

Dieser biblische Bericht spielt in der Zeit, als Johannes gerade verhaftet und umgebracht worden war. Elisabeth, und Maria, die Mutter Jesu, waren miteinander verwandt. Wir dürfen also annehmen, dass Maria mitbekommen hat, was mit dem Sohn von ihrer Freundin und Verwandten passiert ist. Das Geschehen um Johannes wird den "Mutterinstinkt" in Maria geweckt haben. Sie rief die leiblichen Geschwister von Jesus zusammen und macht sich auf, ihren Sohn wieder nach Hause zu holen. Er war doch schliesslich in der gleichen Gefahr wie Johannes. Auch er hatte inzwischen die Pharisäer gegen sich aufgebracht und war in der latenten Gefahr umgebracht zu werden. So machte Sie sich mit dem ganzen Clan auf, ihren Sohn wieder nach Hause zu holen - zur Besinnung. Ist das nicht verständlich? Ich glaube wenn Mütter spüren, das die Kinder in Gefahr sind kommt ihr Beschützer-Instikt durch. Wie bei einer Löwin fahren sie die Krallen aus und verteidigen den Nachwuchs. Aber Jesus war, wie schon Johannes, fest in seiner Berufung. Auch seine Mutter konnte ihn nicht davon abbringen seinen Weg zurück in das Vaterhaus zu gehen. Welch ein Schmerz ist es, wenn die Kinder völlig uneinsichtig auf einer anderen Lebensbahn landen, als wir es gut und richtig finden. Maria hatte auch im Tod ihres Sohnes (wie die anderen) seine Misssion (noch) nicht verstanden. Der Schmerz muss für sie unerträglich gewesen sein. Welche Vorwürfe wird sie sich gemacht haben, ihren Sohn nicht aus der Gefahr herauszuholen, und damit den Tod nicht verhindert zu haben ?

Wie würden wir wohl reagieren, wenn unsere Kinder uns solche verrückten Pläne präsentieren ? Wenn unser Sprössling uns erklärt: Ich werde jetzt Reisemissionar und komme nächstes Jahr wieder? Oder: "ich werde ab jetzt auf der Holzbrücke in Luzern - Busse und Umkehr predigen?" Wir wissen genau, dass er in Schwierigkeiten kommen wird. Unser gesunder Menschenverstand schaltet sich ein und der Beschützerinstinkt wird durchkommen. Wir haben alle den Maria Instinkt und wollen nun einmal lieber, das unsere Kinder angepasste "Sonntags-Morgens-Mitläufer-Christen" sind, als dass sie sich mit wilden Aktionen in Gefahr bringen. Wir haben den Wunsch nach netten funktionierenden Kinder und nicht nach wilden Rebellen. Wer will das schon ?

Aber ist das auch die Sichtweise, die Jesus von unseren Kindern hat? Vor einigen Jahren hat ein amerikanischer Journalist eine kleine fiktive Buchserie mit dem Titel:"was würde Jesus zu ...... sagen" geschrieben. Die Personen dieser erdachten Begegnungen waren: Madonna, Bart Simpsen, Mutter Theresa und einige andere. Ich möchte diesem Beispiel
folgen und fragen: "Was würde Jesus zu den Wilden Kerlen sagen ?"

Ich denke er hätte gesagt: Jungs, ich bin selber einer von euch. Und die, die ich um mich versammelt habe, sind ebenso. Eine kleine Gruppe Männer, mit der ich die ganze Welt verändert habe. Sie waren nur deswegen tauglich weil sie auch diese "wilden Kerle" sind. Jesus hatte sie auf diese Verwegenheit hin trainiert. Zum Evangelisieren schickte er sie folgender massen los:

Lk 9,3 «Nehmt nichts mit auf die Reise», befahl er ihnen, «weder Wanderstab noch Tasche, weder Verpflegung noch Geld, nicht einmal Kleider zum Wechseln.

Das war schon ein extravaganter Auftrag. Wirklich nichts mitzunehmen und zu vertrauen das Gott der Herr sich kümmert. Es eine Vertrauens-bildende und zugleich Glaubens-stärkende Lehrstunde. Jesus wollte das seine Jünger im Glauben fest werden, das sie vertrauen lernen und auch den verrückten Weisungen des Vaters in Zukunft folgen werden.

Die Frage die wir uns somit stellen müssen lautet, in welche Form des Christentums leiten wir unsere lieben Kleinen? Versuchen wir angepasste "Sonntags-morgens-Gottesdienstbesucher" zu züchten, oder darf es ein wenig wilder und roher sein?
Wenn Ihr Sohn das nächste Mal mit dem Kunststoff-Bob die Haustreppe herunter rodelt dann denken Sie daran: Aus ihm kann einmal ein ganz Grosser im Reich Gottes werden. Einer, der das Gesicht der Welt verändern wird.


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