Entdecke deine Berufung


Zwei Reisekoffer, fertig gepackt fertig gepackt mit vielen warmen Kleidungsstücken standen da in meinem kleinen Zimmer. Aber sie waren nicht für einen Urlaub gepackt, sondern für einen viel längere Reise. 
Einige Wochen vorher hatte ich einen recht klaren und deutlichen Gebetseindruck in meiner Stillen Zeit am Morgen gehabt. "Jesus braucht mich in Sibirien" so war meine Erkenntniss.
Zuerst musst ich einmal nachschauen wo das genau ist und war dann recht erschrocken. Erschrocken darüber wie weit das eigentlich ist und wie gross das Land ist. Dann begann ich nach zu forschen welche Menschen dort leben und was das für ein Landstrich ist. Als dieser Gebets-Eindruck noch ein paar mal in der Stillen-Zeit kam holte ich meine Koffer aus dem Keller und packte sie mit vielen warmen Sachen. Als nächsten Schritt begann ich meinen restlichen Besitzstand zu reduzieren. Verschenkte meine Stereo-Anlage und einige Platte. Der Rest kamen in den Müll. So etwas braucht man nicht auf dem Missionsfeld. Die wichtigsten Bücher kamen in eine Holzkiste für den separaten Transport. Dann begann ich meinen Mitbewohnern in der WG zu erzählen, das ich demnächst die Wohngemeinschaft verlassen müsste und teilte auch der Gemeinde und dem Pastor mit, dass wohl das Ende meine Mitarbeit nahen würde. Als diese meinen Grund hörten tippten sie nur mit dem Finger an die Stirn. Meine Familie und mein Arbeitgeber würden später, eher zum kurz vor Abreise drankommen. Dann wen alles feststeht und klar ist. Schliesslich wollte ich nicht vorher alle verrückt machen.

Und so wartete ich jeden Tag auf das Eintreffen des Schreibens der Missionsgesellschaft wann es denn losgeht, und wo genau mein Einsatzort sein würde. In diesen Tagen lebte ich immer mit der Hoffnung: Heute Morgen, bestimmt, da würden die Flugtickets per Post kommen, oder zumindest das Schreiben das alle Einzelheiten erklärt.

Aber das Schreiben kam nicht. In diesem Monat nicht und auch nicht in den darauf folgenden. Dabei war es doch so ein klarer Eindruck gewesen. Ich konnte das nicht verstehen. Offensichtlich war der Zeitpunkt noch nicht richtig. Aber gut, so konnte ich mich ja dann auch noch besser auf die kommende Aufgabe vorbereiten. Also meldete ich mich bei der Volkshochschule für Russisch-Sprachkurse an, beschaffte mir Bücher über Kultur und Soziologie der unterschiedlichen Regionen in Sibirien und vieles mehr. Aber es kam kein Schreiben von einer Missionsgesellschaft. War alles nur eine Phantasie oder eine Einbildung? Einige Monate später lernte ich meine spätere Frau kennen und andere Ziele und Absichten drängten sich in den Vordergrund. Dabei geriet meine Berufung in immer weitere Ferne. Für sie war es nie ein Thema, das wir vielleicht in das Ausland gehen könnte um dort Jesus zu dienen.

Aber .... dieses Feuer in meinem Herzen "Menschen mit dem auferstandenen und lebendigen Christus bekannt zu machen" verlosch nie. Jedoch wurde es schlussendlich ein weiter Weg für mich bis ich verstehen konnte was Berufung ist, und wie man sie lebt. Ein Weg mit vielen Umwegen, mit viel Versagen, Hinfallen und Aufstehen. Wenn ich heute diesen ganzen ganzen Erfahrungsschatz zusammen fassen müsste, würde dieser Satz wie folgt lauten:

Berufung hat NICHTS mit meiner Dienstaufgabe zu tun - SONDERN mit meiner Identität

Diese grundsätzliche Wahrheit habe ich entdecken dürfen als ich mir Gedanken über das Wort "Berufung" gemacht habe. So bedeutet dieser Begriff doch, dass der Ruf den himmlischen Vaters an mich dringt, und er etwas durch mich tun möchte. Aber möglicherweise sieht das Verfahren ganz anders aus.

Schauen wir uns diese Überlegung doch einmal anhand der biblischen Person des Philippus in der Apostelgeschichte an. Dieser wurde von Gott an mindestens vier sehr unterschiedlichen Orten zu unterschiedlichen Diensten gebraucht. Anfänglich gehörte er zum Kern der Urgemeinde in Jerusalem. So wird in Apg.6,3 berichtet, dass er als einer von sieben zum Diakon der ersten Gemeinde gewählt wird und damit für die Versorgung der Notleidenden zuständig war. In der Zeit der Verfolgung wurde er durch den heiligen Geist nach Antiochia geführt und bemühte sich dort um Verkündigung und Evangelisation (Apg.8,4). Dort spricht der Herr mit ihm und sendet ihn in die Wüste, ohne dem Philippus zu erläutern was er dort sollte. Dort erkennt er die vom Heiligen Geist herbeigeführte Situation und führt den Kämmerer zu Christus. Dann "telepatiert" der Heilige Geist ihn in einem Moment nach Asdot (Apg.8,40). Was soll er dort? Er beginnt zu evangelisieren durch die Orte zu ziehen und von Jesus zu erzählen. Dabei kommt bis Cäserea wo er möglicherweise sesshaft wurde. Denn von dort wurde berichtet, dass Philipps vier geistbegabte Töchter hatte un ein eigenes Haus bewohnte (Apg.21,8-9).

Wie lautete nun die Lebensberufung des Philippus? Diakon, Seelsorger, Prediger, Evangelist, Pfarrer und Hirte, oder wie auch immer? Wir können es kaum ermitteln. Und auch die Frage nach dem Einsatzort seiner Berufung? Wo war diese? Jerusalem, Antiochia, Asdot bis Cäserea oder wo auch immer. Auch dieses lässt sich schwer sagen, da die Auswirkungen seines Dienstes an vielen Orten zu sehen waren. Wir stellen also fest Philippus war berufen, aber eine Klarheit in dieser Berufung nach unseren Vorstellung gibt es leider nicht.

Natürlich gibt es auch andere Personen in den neutestamentlichen Texten, die sich ihrer präzisen Berufung ganz gewiss waren. Paulus wusste sich genau als Heidenapostel berufen. Das heisst er wusste das er zu der Zielgruppe der Nicht-Juden von Gott gerufen war. Aber ansonsten bleibt sein Dienst und Aufgaben-Profil recht unscharf.

Durch diese Beobachtung anhand der biblischen Texte durfte ich selber verstehen, dass ich das Reden Gottes wohl etwas "zu" präzises ausgelegt hatte indem ich Ort und Aufgabe zu kennen meinte. Offensichtlich geht es mehr darum ganz in der Nähe Gottes zu leben und seine Aufgaben, die er mir vor die Füsse legt, zu erkennen und auszuführen. Oder anders gesagt: Seine Wege zu erkennen und zu gehen. Nach dem Beispiel des Philippus, der die Wege des Herrn erkannte und dann ging.

Somit dürfen wir unsere Berufung als einen Ruf in die Nähe Gottes verstehen. Als ein an seiner Hand unterwegs sein und sich führen lassen. Wenn also das nächste Mal jemand dich aufruft nach deiner konkreten Lebensberufung zu suchen darfst du getrost einige Fragezeichen haben.

Wie schon in Epheserbrief erklärt wird.

Denn wir sind seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.
Epheser 2,10 Schlachter 2000 Übersetzung

Oder mit meinen Worten: Durch die Neugeburt in Jesu sind wir Menschen geworden, die Gottes vorbereitete Wirken erkennen und in dieses herein beten und handeln. Das kann heissen, das wir eine Zeit an einen anderen Ort müssen oder was auch immer. Dabei wird uns der Geist Gottes mit seinem Reden oftmals in sehr unterschiedliche Aufgaben und auch an sehr unterschiedliche Orte führen. Mit diesem Erkennen bin ich nun zusammen mit meiner Frau in der Schweiz gelandet und nicht in Sibirien. Aber wer weiss was noch kommt .....
Jesu Jünger, dass sind die, .....
Diese sind es, die dem Lamm nachfolgen, wohin es auch geht.
Offenbarung 14:4 Schlachter 2000 Übersetzung

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