HILFE - Ist da irgend jemand? [Post 64]

Mylène Paquette, eine kanadische Sport-Ruderin versuchte Geschichte zu schreiben, indem sie den Plan fasste als erste Frau in einer Solofahrt ausschliesslich durch Muskelkraft und durch geschicktes ausnutzen der Meeresströmung im Ruderboot den Nordatlantik zu überqueren. Natürlich war dies nicht mit einem gewöhnlichen Ruderboot möglich, sondern es brauchte schon ein echtes high-tech Ruderboot, dass mit allen technischen Finessen der Neuzeit ausgestattet war. Hierzu gehörten eine isolierte Kajüte, eine vielzahl Nautische Instrumente, einschliesslich eines Satelliten-Telefon, Solarzellen Stromversorgung und vieles mehr. Jedoch kein Zusatzantrieb, nicht einmal ein Segel. Das Boot sollte alleine durch Muskelkraft und die Meeresströmung angetrieben werden.

Der sogar in der Presse vielbeachtete Start war dann im Juli 2013 in Montreal, Kanada. Geplant war eine Reiseroute von ca.  2.700 nautischen Meilen, was in etwa 5.000 km Entfernung entspricht, und  nach Lorient in Frankreich führen sollte.

Bis etwa zur halben Strecke ging alles gut. Dann jedoch trafen sie dann die "Reste" des Hurrikan “Humberto”, der auf dem Ozean sein Unwesen getrieben hatte. Mylène kenterte zweimal in zwölf Meter hohen Wellen, obwohl ihr Boot eigentlich speziell dagegen eingerichtet war. Offensichtlich waren diese Sturm-Wellen zu mächtig. Durch die vorhandene ausgeklügelte Technik richtete sich das Boot zwar wieder erfolgreich auf, jedoch verlor sie durch dieses Kentern Anker, iPhone und Satelliten-Telefon, und vieles mehr. Ein Grossteil der Technik, aber auch fast alles Essen und die Bekleidung waren hinüber. Es gibt im Internet einige Fotos in denen zu sehen ist, wie sie AUF dem Boot eine Wäscheleine mit Wäsche gespannt hat. Später schrieb sie, dass sich eine grosse Verzweiflung in ihr breit machte. Wirklich mitten auf dem Atlantischen Ozean, 2.500 km vom nächsten Land entfernt, ohne Navigation, Verpflegung und dem anderen Lebensnotwendigen, wäre es unmöglich zu überleben. Sie wusste, die  Wahrscheinlichkeit das sie irgendjemand in dieser Einsamkeit auf dem Wasser findet ist extrem gering. So rief sie in ihre Verzweiflung einfach in das übrig gebliebene traditionelle Funkgerät:”Hilfe,  ist hier draussen irgendeiner - hört mich irgend-jemand ?” Da die Reichweite des traditionellen Funkgerätes eher klein ist, im Verhältnis zu den Distanzen auf dem Ozean, war dies eher ein unsinniger Versuch. Doch war ein Schiff in der "Nähe" (einige hundert Seemeilen) und hörte den Funkspruch. Das Kreuzfahrtschiff “Queen Mary 2” war auf dem Weg nach Europa zurück. Der Kapitän hatte eher zufällig das schwache Funksignal aufgeschnappt und versuchte zu helfen.
Ein international bekannter Pastor war auf dem Schiff und berichtete später von einer ominösen Durchsage des Kapitän: "Liebe Passagiere, wir werden jetzt den Kurs ändern - einige hundert Seemeilen von Kurs gehen und die Maschinen stoppen".  Er berichtete uns später von den Ängsten der Passagiere. Jeder reimte sich etwas anderes zurecht. Möglicherweise wollte man Piraten aus dem Weg gehen, andere meinten es gäbe einen Motorschaden oder was auch immer.
Bis sie alle mit eigenen Augen sehen konnten, warum der Kapitän den Kurs geändert hatte und anhalten mussten.
Mylène beschriebt später im Internet wie sie sich gefühlt hatte als da ein 15 stöckiges Schiff auf sie zu kommt um sie zu retten. Es muss von ihrem kleinen Ruderboot aus imponierend ausgesehen haben wie da ein Ozeanriese , wesentlich grösser als die Titanic mit 15 Stockwerken und 4000 Menschen auf sie zukommt. Sie konnte sehen wie sie alle an der Reeling stehen und sich darüber freuen jemanden gerettet zu haben.

Als ich die Geschichte das erste Mal hörte, war die erstaunlichste Person dabei der Kapitän. Als Laie denkt man darüber nicht so recht nach, aber der Mann war ein nicht unerhebliches Risiko eingegangen. Er entschied relativ spontan, dass aus "seinem" Kreuzfahrtschiff nun mit einmal ein Rettungsschiff werden musste. Aber nicht um Mylène  an Bord zu holen und dann mitzunehmen. Sondern auf ihren Wunsch hin wurde sie neu ausgerüstet. Ein neues Satelliten-Telefon und andere Technik, trockne Wäsche, Handtücher, Essen, Wasser und so weiter - und dann ist sie weiter gerudert.   

Für mich hat diese Geschichte eine unglaubliche Parallele zur Gemeinde im 21. Jahrhundert. Ich werde das Gefühl nicht los, das auch wir unterwegs sind wie dieses riesige Kreuzfahrtschiff, auf denen sich alles nur darum dreht den Gästen allen erdenklichen Komfort zum "wohlfühlen" zu bieten und nichts darf diese "Wohlfühl-Oase" beeinträchtigen. Doch wo sind in unseren Tagen die Kreuzfahrtschiffe, die bereit sind den Kurz zu verlassen und zu einem Rettungsboot zu mutieren um solche "im Leben gekenterten" einzusammeln? 


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