Kommen Selbstmörder in den Himmel? [Post 24]


Diese Frage habe ich mir als junger Mann ganz oft gestellt - stellen müssen. Von der Lehre der Kirche her wusste ich "auf keinen Fall", aber könnte es nicht doch eigentlich anders sein ? Könnte es sein, dass Jesus auch bei solchen Menschen "Gnade vor Recht" walten lässt ?
Es war im Winter 1985/86. Ich war erst vor kurzer Zeit, mit 22 Jahren, Christ und Nachfolger von Jesus geworden und völlig begeistert von dem, was ich dort entdeckt hatte. Ich war so überwältigt von Jesus, das ich allen meinen alten Bekannten und Verwandten davon berichten musste. Obwohl ich nicht mehr in meiner Heimatstadt lebte suchte ich immer wieder Möglichkeiten dort von meinem Erleben zu berichten. So traf ich mich sogar mit meinem Vater (meine Eltern waren geschieden und lebten an unterschiedlichen Orten) um ihm begeistert von meinem neuen Leben mit Jesus zu berichten. Ich weiss noch wie heute, wie enttäuscht ich war, dass er so gar kein Interesse hatte und ich ihm fast gar nichts berichten konnte. Offensichtlich hatte er mehr mit sich zu tun, als dass er sich für mein Leben interessierte. Der misslungene Abend hat mich noch lange danach beschäftigt: Warum war es mir nicht gelungen ihm das Entscheidende zu sagen? Warum konnte Gott die Situation nicht so wenden, das mein Zeugnis zu ihm durchdrang? Ein dreiviertel Jahr später nahm sich mein Vater das Leben. Er war an seinem völlig verpfuschten Leben gescheitert. Als mich die Nachricht vom Tode erreichte kam mir die Anfangs erwähnte Lehre der Kirche wieder in den Sinn: Selbstmörder sind Mörder, und kommen daher nicht in den Himmel. Nein, offensichtlich reicht die Gnade Jesu dafür nicht aus! Um diese Lehre auch noch zu manifestieren gab es für meinen Vater keine richtige Abdankung und die Grabstätte lag ausserhalb des normalen Friedhof-Areals. Offensichtlich sollte es auch äusserlich sichtbar gemacht werden: "Der gehört nicht hierher". Damals habe ich in meiner Trauer die Geschichte einfach beiseite geschoben und mich nicht weiter damit beschäftigt. Es macht nun einmal keinen Sinn sich mit Dingen zu beschäftigen die bereits Geschichte sind und damit auch nicht mehr abänderbar sind.

Vor zwei Jahren bekam diese alte "Geschichte" wieder eine ganz neue Dynamik. Plötzlich musste ich mich mit dieser Lehrfrage ganz neu auseinander setzen. Es war an einem Freitag Morgen als ich eine E-Mail von einem Familienvater aus unserer Gemeinde bekam, dass seine Frau "verschwunden" sei. Wir hatten schon länger gemerkt, dass es ihr psychisch nicht gut geht. Das sie immer mehr bedrückt und unglücklich wirkte - und sofort stand die Frage im Raum: "Sollte sie sich etwas angetan haben? Und wenn es so wäre, wäre sie dann in der Ewigkeit bei Jesus? Reicht die Gnade unsere Herrn auch für Selbstmörder aus?"
Als mich die Nachricht von dem Verschwinden der Mutter von drei Kindern erreichte, musste ich natürlich handeln. Als erstes beten, die Angelegenheit vor den Herrn bringen und ihn Fragen, wie ich als Pastor der Gemeinde damit umgehen soll. Kaum hatte ich die Augen zum Gebet geschlossen, sprach der Herr durch seinen Heiligen Geist schon zu mir (in der gleichen Weise wie so oft). Er sagte einfach nur: "Sie ist bei mir!" Mehr nicht, einfach nur dies. Aber mir reichte es aus. Es beantworte mir die Fragen, ob Christen, die sich das Leben nehmen zu Jesus in die Ewigkeit kommen können. Und es beantwortet ebenfalls die Frage was ich der Gemeinde sagen sollte, wenn sie denn gefunden wird.

Natürlich ist es richtig, das Selbstmörder auch Mörder sind, indem sie menschliches Leben töten. Denn schliesslich spielt es keine Rolle ob eigenes oder fremdes Leben getötet wird. Und ich weiss auch, dass geschrieben steht, dass kein Mörder in der Ewigkeit dabei sein werden:

Die Verzagten aber, die Ungläubigen, die Unreinen, die Mörder, die Unzüchtigen, die Zauberer, die Götzendiener und alle Lügner — die sollen ihre Stätte finden in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt. Das ist der zweite Tod." (Offenbarung 21:8 GANTP)

vielfach wird dieser Vers zitiert, wenn es um die Frage geht ob Selbstmörder in den Himmel kommen können. Was jedoch dabei immer wieder vergessen wird, dieser Ort der "Ewigen Verlorenheit"ist für die gedacht, die nach dem Gesetz gerichtet werden. Dieser Ort ist nicht für die, welche Eigentum des Herrn sind. Das geschilderte Lebens-Endgericht gilt nicht für die, die zu Jesus gehören wie ich bereits in meinem Post Das Gericht am Ende der Tage erläutert habe. Sollte ein Jünger Jesu so verzweifelt sein, dass er seinem Leben selber ein Ende setzt, ist bereits in dem Moment der Handlung seine Schuld vergeben so wie es im Kaminkehrer Post erläutert habe. Es gab immer schon Männer und Frauen Gottes, die unter der Last ihres Dienstes und Lebens zusammen gebrochen sind. Man bedenke nur den Elia, der unter der Last der Verfolgung durch die Königin Isebel zusammen gebrochen ist. Er legte sich unter einen Strauch in der Wüste und wollte sterben. Das war auch ein Selbstmordversuch eines bedeutenden Mannes Gottes und trotzdem zeigt uns die gesamte Geschichte auf, das er auch weiterhin von Gott angenommen war. Ähnliches gibt es bis in unsere Tage. Auch heute gibt es immer wieder Christen, die unter der Last zusammenbrechen und ihrem Leben ein Ende setzen. Aber die umfassende Gnade Jesu ist auch dafür ausreichend.

P.S.
Bei dem Abfassen dieses Textes ist mir in den Sinn gekommen: Wie verhält es sich eigentlich mit Judas? War Judas ganz am Ende doch noch gerettet ? In einem späteren Post werde ich dieser Frage nachgehen.



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